Selbst als gestandene Erwachsene tun wir uns mitunter schwer mit den Tücken des Alltags: Steuererklärung, Mietvertrag, Versicherungen, Internetfallen, Geldanlagen, allgemeine Bürokratie allerorten. Junge Menschen, die nach dem Abitur ins Leben „geworfen“ werden, womöglich am Studienort in einer fremden Stadt, haben es da noch etwas schwerer.
Deshalb gibt es am Städtischen Gymnasium seit 2017 das Fach WIB. Es steht für „Auf dem Weg ins Berufsleben“ und wird in Klasse 11 und 12 mit je zwei Wochenstunden angeboten, wahlweise als Alternative zu Geografie und Gemeinschaftskunde. Bedarf ist vorhanden: „Nach 19 Teilnehmern im Vorjahr hatten wir in den neuen 11. Klassen 56 Anmeldungen“, sagt Jörg Riester. Der Lehrer führt den Unterricht am Städtischen Gymnasium hauptverantwortlich durch und musste ob des Ansturms weitere Räume einplanen, um die Stunden abzusichern.
Die Lehrer fordern seit vielen Jahren praxisnahe Bildung, so Riester. Er zieht Fachleute hinzu, die den Schüler bestimmte Sachverhalte aus erster Hand erläutern: „Wir haben Experten aus der Arbeitsagentur, vom Finanzamt oder der Uni Freiberg hier, die den Unterricht ungemein bereichern.“ Dank des Fördervereins der Schule und des Lions Clubs fanden sich Unternehmer zusammen, die die Installation eines Schul-WLAN ermöglichten und Laptops, Ladestationen und Beamer für insgesamt 12.000 Euro beisteuerten.
Frank Jürgen Schaefer, Werksleiter der ESF Elbe Stahlwerke Feralpi, Jan Gebauer, Geschäftsführer der Datenservice-Unternehmens HGDS sowie Tierarzt Christian Boeltzig waren nicht nur Geldgeber, sondern sind ebenfalls als WIB-Dozenten aktiv.
„Wir alle haben im Leben mal teure Fehler gemacht“, so Boeltzig. Zumindest einige Fallstricke könne man den Jugendlichen mit dem Angebot ersparen. „Ich kann den Schülern vieles zu betriebswirtschaftlichen Dingen oder zum Vertragsrecht vermitteln“, ergänzt Schaefer, der auch auf Unterricht „vor Ort“ in der Finanzabteilung des Stahlwerks verweist. Jan Gebauer sieht „die Notwendigkeit, jungen Menschen Hilfe für die Lebenspraxis zu geben“, auch zu dem Punkt; „dass wir bei uns richtig erklären, was Digitalisierung bedeutet.“
Bei den künftigen Abiturienten kommt das neue Fach super an: „Es nimmt einem die Angst vor dem, was auf uns zukommt“, sagt die stellvertretende Schülersprecherin Pauline Richter. „Und die Technik erleichtert das Ganze enorm“, ergänzt Sprecherin Lina Decker. Die Stadt Riesa verlässt sich jedoch keineswegs nur auf externe Unterstützer, sondern hat den technischen Ausbau an mehreren Schulen fest in den mittelfristigen Planungen.