Wäre ein Schulfest das beste Projekt oder soll eine Graffitiwand angeschafft werden, auf der sich die Abschlussklassen verewigen? Kann stattdessen ein Insektenhotel mit integriertem Hochbeet das Schulgelände verschönern und zugleich dem Naturschutz dienen? Die Schülerinnen und Schüler der 9. Klassen der Riesaer Oberschule „Am Merzdorfer Park“ befassten sich in „ihrer“ Stadtratssitzung am vorigen Freitag mit ganz konkreten Projekten für ihre Schule.
Jede Interessengruppe bevorzugte eines dieser Vorhaben, für das immerhin 500 Euro Projektprämie des Freistaats Sachsen bereitstehen. Dazu hatten die drei Stadtratsfraktionen mit den spannenden Namen „Demokratische Oberschule“, „Zusammenhalt bedeutet Stärke“ und „Demokratische Schülerpartei“ die Verwendung des Geldes schon exakt kalkuliert, was Sitzungsleiter Marco Müller lobend hervorhob.
Riesas Oberbürgermeister hatte gut zu tun, die Meinungsvielfalt zu steuern – helfende Hinweise gehörten natürlich dazu. Dank des äußerst fairen Umgangs aller miteinander ging es aber konstruktiv voran: In der geheimen Abstimmung entfielen 19 Stimmen auf die Graffitiwand, 15 aufs Insektenhotel und 11 aufs Schulfest. „Ich hoffe, dass wir im Gegensatz zum Coronajahr 2020 das Projekt diesmal wirklich umsetzen können“, sagte Schulleiter Jürgen Gläsel. Dank einer von Stadträtin Ute Heine zugesagten Firmenspende und einer privaten Zuwendung von Marco Müller sollen aber auch die anderen Vorhaben möglich werden.
Die Sitzung bildete traditionell den Abschluss der „Woche der Demokratie“, in der sich die Neuntklässler mit demokratischen Prozessen in unserer Gesellschaft und der Kommunalpolitik befassten – unterstützt von mehreren Stadträten, den Gemeinschaftskundelehrerinnen und der Inklusionsassistentin. Neben der Themenfindung aus mehreren Vorschlägen gehörte ein richtiger Wahlkampf um den Fraktionsvorsitz ebenso dazu wie die Erarbeitung der Vorlagen zur Ratsdebatte. „Einige sind über sich hinausgewachsen“, zeigten sich die Lehrerinnen begeistert davon, mit welcher Intensität sich ihre Schützlinge sich ins Thema vertieften. „Die Jugendlichen haben gelernt, Kompromisse zu finden und eine beeindruckende Diskussionsfreude entwickelt“, ergänzte Jürgen Gläsel.
Die „Woche der Demokratie“ in Riesa wird immer vor den Herbstferien durchgeführt. An der Organisation sind neben der Stadtverwaltung und der Oberschule auch der Sprungbrett Riesa e.V. und der Kreisjugendring Meißen aktiv beteiligt. Vielleicht, so Oberbürgermeister Marco Müller, habe mancher oder manche Geschmack am Mitgestalten gefunden – junge engagierte Menschen für die Mitbestimmung in der eigenen Stadt sind vielleicht mehr denn je gefragt.